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AUFBRUCH – Teil 3: Die Problemlöser*innen

Theresa lebt seit 23 Jahren mit HIV. Dass sie heute ein einigermaßen geregeltes und gesundes Leben führen kann, verdankt sie neben dem medizinischen Fortschritt auch und vor allem dem Team von Aufwind. Dort ist sie seit fünf Jahren Klientin. Theresa steht damit auch für die über die Jahre stattgefundene Veränderung in der Arbeit von Aufwind.

An ihre ersten Monate in Deutschland kann sich Theresa noch genau erinnern. Im Dezember 1997 kam sie, allein und schwanger, aus ihrem westafrikanischen Heimatland nach Hamburg. Als sich Theresa im Frühjahr 1998 einer Routine-Untersuchung im Zuge der anstehenden Geburt unterzog, erhielt sie die Diagnose der Infektion mit dem ihr zu diesem Zeitpunkt noch unbekannten HI-Virus. “Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nur, was Aids ist. Die Ärztin musste mir erst erklären, dass Aids überhaupt erst durch das HI-Virus ausgelöst wird. Das hat mich total schockiert, denn in meinem Herkunftsland sterben viele Menschen an Aids und die Betroffenen werden stark ausgegrenzt.” Theresas Frauenärztin schickte sie zu einem Sozialarbeiter, der aus dem gleichen Land wie sie stammte. Dieser konnte sie in ihrer Muttersprache über ihre HIV-Diagnose aufklären und viele Ängste vor einer schweren Erkrankung und einem frühen Tod nehmen. Denn schon damals gab es dank der medizinischen Fortschritte wesentlich bessere Behandlungsmöglichkeiten als noch wenige Jahre zuvor.

Theresa im Innenhof von Aufwind

Theresa im Innenhof von Aufwind

Trotz dieser Aufklärung bestand weiterhin die quälende Sorge um ihr ungeborenes Kind, denn ohne Papiere und mit einem eventuell HIV-positiven Kind würde eine Behandlung schwierig werden. Doch ein Schwangerschaftsab-bruch kam für sie nicht in Frage und gemeinsam mit ihren Ärzt*innen brachte Theresa ihr Kind schlussendlich gesund zur Welt – eine große Erleichterung

Über die Jahre musste Theresa jedoch mehrere Schicksalsschläge verkraften: Ihr Mann starb unerwartet, es gab Schwierigkeiten in der Familie und sie hatte immer wieder finanzielle Probleme. Durch diese psychischen Belastungen wurde Theresa zeitweise depressiv. In dieser Zeit fand sie unter anderem Unterstützung bei VHIVA KIDS, einer auf das Familienleben mit HIV spezialisierten Beratungsstelle. Als Teil der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Hamburg e.V. ist VHIVA KIDS seit vielen Jahren Teil des breiten Netzwerks von Aufwind. Schon lange steht man bei Bedarf im engen Austausch, um Klient*innen gemeinsam zu helfen. Als Theresas Probleme drohten, ihr über den Kopf zu wachsen, wurde sie von VHIVA KIDS an Hamburg Leuchtfeuer Aufwind vermittelt. Hier fand Theresa die passenden Ansprechpartner*innen für ihre vielfältigen Probleme: “Das Team hilft mir beim komplizierten Umgang mit den Behörden oder wenn ich mal finanzielle Schwierigkeiten habe und mir kein Essen oder nötige Alltagsgegenstände leisten kann.” Konkret hilft ihre Ansprechpartnerin ihr dabei, dass Kindergeld und Unterhaltsvorschuss rechtzeitig gezahlt werden, dass genug Geld für Miete und Strom auf Theresas Konto ist und dass sie keine Verträge unterschreibt, die sie nicht versteht und nicht zahlen kann. Auch für ihre depressiven Phasen findet Theresa hier kompetente und zupackende Hilfe und Unterstützung.

Nicola Le Mouillour in ihrem Büro

Nicola Le Mouillour in ihrem Büro

Für ihre Ansprechpartnerin Nicola Le Mouillour ist Theresa auch ein Beispiel für den Wandel, den Aufwind seit der Gründung vor über 25 Jahren erlebt hat: “Wir sind von einer Begleitung am Lebensende für Menschen mit Aids zu einer Alltags- und Lebensbegleitung geworden.” Daraus ergibt sich ein vielfältiger Arbeitsalltag für das neunköpfige Team von Aufwind: “Wir sind in allen Lebens- und Problemlagen an der Seite unserer Klient*innen: Wenn sie Schwierigkeiten mit einer Behörde haben, vermitteln wir; wenn sie Geldprobleme haben, kümmern wir uns darum, dass sie das Nötigste kriegen und versorgt sind. Und wenn es ihnen psychisch schlecht geht, nehmen wir sie an die Hand, trösten und sorgen dafür, dass sie mal wieder rauskommen.” Der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund von über 50 Prozent hat ebenfalls eine neue Ebene in die Arbeit gebracht. Die Arbeitssprache ist häufig englisch, die Einarbeitung in ausländerrechtliche Angelegenheiten ist Bestandteil der psychosozialen Begleitung geworden. “Die Arbeit ist dadurch vielschichtiger und komplexer geworden. Das sorgt natürlich für höhere fachliche Anforderungen an uns im Team”, so Nicola Le Mouillour.

Das Team von Aufwind, der psychosozialen Begleitung für Menschen mit HIV

Das Team von Aufwind, der psychosozialen Begleitung für Menschen mit HIV

Einmal die Woche kommt Theresa mittlerweile in die neuen Räumlichkeiten von Aufwind im Quartier Baakenhafen. Für Theresa ist diese Hilfe ein wichtiger Bestandteil ihres Alltags – und dafür ist sie dem Team sehr dankbar: “Die Unterstützung hier ist so wertvoll für mich. Wenn ich ein Problem habe, tun sie immer ihr Bestes, um mein Problem zu lösen. Und Nicola sorgt dafür, dass ich auch mal schöne Momente erlebe: Sie macht mit mir Ausflüge in Hamburg oder an die See oder zum Grillen. Außerdem feiert das Team Weihnachten mit uns Klient*innen, was ganz besonders toll ist. Für diese Hilfe und Begleitung kann ich mich wirklich nur von Herzen bedanken.”

Nach über 23 Jahren mit ihrer Diagnose hat Theresa heute vor allem eine Botschaft an ihre Mitmenschen, die an HIV erkrankt sind: dass man angemessen, aber ohne Angst und Panik mit der Krankheit umgeht. HIV sollte aus ihrer Sicht kein Tabuthema sein – weder in der breiten Gesellschaft, noch in ihrer eigenen, afrikanisch geprägten Community. Daher wünscht sie sich, dass Betroffene das dichte Hilfenetzwerk in Hamburg in Anspruch nehmen. Dabei spricht sie auch aus eigener Erfahrung: “Auch wenn es nicht immer einfach ist, hat die heute verfügbare Medizin mir doch sehr geholfen, mich sicher und wohlzufühlen. Man kann heute trotz aller Einschränkungen auch mit HIV lange leben und alt werden, also habt Selbstvertrauen, kommt über den Schock hinweg, esst gut und lebt gesund.” Nach diesem Maßstab lebt auch Theresa – gemeinsam mit ihren mittlerweile drei gesunden Kindern.

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Diese und weitere spannende Geschichten aus der Welt von Hamburg Leuchtfeuer finden Sie auch in der bald erscheinenden neuen Ausgabe unseres Magazins mut.macher.

Sie interessieren sich für die psychosoziale Begleitung von AUFWIND? Dann melden Sie sich unter 040-38611055 oder unter aufwind@hamburg-leuchtfeuer.de.